Gebäude-Energieeffizienz: Klimaschutzziele scheitern an zögerlicher Investition

Gebäude-Energieeffizienz: Klimaschutzziele scheitern an zögerlicher Investition

Kommentar von J. Robert Pfarrwaller

„Österreich schießt an Klimaziel vorbei“ oder „Milliardenstrafe aus Brüssel droht“ – das sind die Schlagzeilen zum prognostizierten Scheitern unseres Landes an den Klimazielen. Während die Politik mit hausgemachten Problemen beschäftigt ist, fragen sich Fachverbände und Unternehmer, welche konkreten Maßnahmen es braucht, um dem Klimawandel entgegenzusteuern. Soviel steht fest: Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Wien, am 6. August 2019. Die Hitzewelle hat Österreich auch dieses Jahr fest im Griff, Klimaanlagen und Ventilatoren laufen auf Hochtouren. Tatsächlich entfallen bereits etwa zehn Prozent des weltweiten Stromverbrauchs auf Klimaanlagen, wie die Internationale Energieagentur (IEA) berichtet. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Mit der fortschreitenden Digitalisierung und technologischen Weiterentwicklung steigt unser Energieverbrauch in allen Lebensbereichen stetig an. Oder anders gefragt: Können Sie sich noch ein Leben ohne Strom vorstellen? Das stellt uns vor große Herausforderungen: Wie können wir unseren Energiebedarf aus nachhaltigen Quellen decken und einen Kollaps unseres immer fragiler werdenden Energiesystems verhindern? Denn Fakt ist, dass wir mit den bestehenden Maßnahmen auch 2019 und 2020 die Klimaschutzvorgaben verfehlen werden. Ebenso wird unsere Energieversorgung immer störungsanfälliger: Kraftwerke können den steigenden Energiebedarf bald nicht mehr alleine decken. Österreich muss also die Ärmel hochkrempeln.

Hidden Champion: Die Gebäudesanierung

Generell ist nachgewiesen, dass die Klimaziele und die CO2-Reduktionsziele nur erreicht werden können, wenn die Energieeffizienz weiter erhöht wird. Um bedeutende Fortschritte zu erzielen, muss allerdings an den richtigen Stellen angesetzt werden. Hier wird in der Debatte dem Gebäudebereich nicht der angemessene Stellenwert eingeräumt, obwohl der Einsatz energieeffizienter Technologien einen wesentlichen Beitrag leisten könnte, um deren Energiebedarf zu reduzieren. Die zentralen Fragen lauten: Wie können wir CO2-neutralen Strom erzeugen, speichern und dessen Verwendung in Gebäuden erhöhen?

Dabei reicht es nicht, auf punktuelle Maßnahmen zu setzen, da auf diese Weise nur das Gesamtziel – seit Jahren ersichtlich – verfehlt wird. Ziel muss es sein, alle Elemente der Wertschöpfungskette des Energiesystems technologieneutral und ganzheitlich zu betrachten.

Gerade unter Einbezug des heutigen technologischen Fortschritts sind in der systemischen Gebäudesanierung bereits energieeffiziente Lösungen möglich. Neben der grundsätzlichen Anhebung des Sanierungsstandards ist die derzeitige Renovierungsrate in Österreich mit 0,8 Prozent viel zu niedrig und müsste laut Mission 2030 zumindest auf das 2,5-fache (also auf 2,1 Prozent) erhöht werden, um einen messbaren Impuls zu setzen.

Konsumenten werden Teil der Energiewende

In diesem Zusammenhang ist ein weiterer Wandel zu berücksichtigen: Mit der steigenden Bedeutung von Strom als Energieträger werden Konsumenten selbst zu einem Teil der Energiewende. Die sogenannten Prosumenten produzieren und verwenden ihren eigenen Strom.

Eine wichtige Forderung in diesem Zusammenhang ist der Einsatz von Speichersystemen, um den Verbrauch des selbst produzierten Stroms zu erhöhen. Derzeit produzieren wir tagsüber – also, wenn wir nicht zu Hause sind – Energie und durch Speichersysteme speisen wir diese ins Netz ein. Am Abend erhöht sich unser Eigenverbrauch und wir holen uns Energie aus den Netzen. Ein absurder Vorgang, den wir durch den Einsatz smarter Speichersysteme durchbrechen können. Gebäude werden durch die intelligente Nutzung modernster Technologie so zum Energieerzeuger, -verbraucher und -speicher. Mit Hilfe digitaler Steuerungen wird Energie den unterschiedlichsten Verbrauchern wie Elektroauto, Licht, Heizung, Klimatisierung, etc. nur dann zur Verfügung gestellt, wenn sie benötigt wird. Das senkt die Betriebskosten und reduziert den CO2-Fußabdruck. Dazu gibt es im Übrigen schon zahlreiche Best Practice-Beispiele, wie die Förderprogramme „KLAR!“ und „Mustersanierung“ zeigen. Der Klima- und Energiefonds sowie das Bundesministerium für Nachhaltigkeit haben hier Programme geschaffen, mit dessen Hilfe Regionen und Gemeinden Anpassungsmaßnahmen entwickeln können, um zukunftsfähig zu werden und den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken.

Von der Entwicklung einer lokalen Energie-Infrastruktur profitiert zudem die regionale Wertschöpfung – also Unternehmen, Regionen und Gemeinden. Der Einsatz energieeffizienter Technologien birgt einen wichtigen ökonomischen Impuls und stärkt die heimische Innovationskraft.

Investitionsanreize schaffen

Die Wende hin zu nachhaltigen Energielösungen ist leider noch nicht attraktiv genug, da weder private noch gewerbliche Endverbraucher ausreichend informiert sind. Daher ist eine bewusstseinsbildende Offensive notwendig, gekoppelt mit einem monetären Anreizsystem. Um Sanierungen attraktiver zu machen, stellt die Einführung von Abschreibungsmodellen eine Möglichkeit dar: Steuerliche Entlastung für all jene, die bei getätigten Investitionen Energie- und CO2-Einsparungen nachweisen können. Diese Steuerentlastung ist technologieneutral zu betrachten. Dem Nutzer bleibt die Wahl aus einer Bandbreite an Möglichkeiten, er kann die aus seiner Sicht geeignetsten Effizienz-Maßnahmen tätigen. Die Höhe der Steuerabschreibung orientiert sich bei diesem Modell an den tatsächlichen CO2-Einsparungen. Die Analysen und Nachweise sind durch Marktteilnehmer, die bereits heute zur Ausstellung von Gebäude-Energieausweisen berechtigt sind, erstellbar.

Ohne diese Aktivitäten wird es keine substantielle Erhöhung der Renovierungsraten geben. In jedem Fall muss ein Umdenken stattfinden, um abseits der endlosen Debatten endlich konkrete Maßnahmen zu setzen. Zu lange hat sich Österreich auf seinem guten Ruf als Vorzeigeland in puncto Nachhaltigkeit ausgeruht – jetzt müssen wir wieder in die Gänge kommen.

Gastkommentar von J. Robert Pfarrwaller, CEO von REXEL Austria und Fachausschuss-Vorsitzender Elektrogroßhandel des Elektrohandels-Bundesgremiums

Ansprechpartner:

Carina Sima
PR und Kommunikation
E-Mail: carina.sima@rexel.at

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Gastkommentar J. Robert Pfarrwaller 06.08.2019